„Point Alpha – heißer Punkt im Kalten Krieg“

Bericht von Angela Herschmann (Masterstudierende Rechtspsychologie)

Bei einer dreitägigen Exkursion nach Fulda und Geisa wollten wir eigentlich nur in die Vergangenheit, insbesondere in die Zeit des Kalten Krieges, zurückblicken. Jedoch endete mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24.02.2022 der Frieden in Europa und der alte Konflikt gewann wieder an ungewohnter und ungewollter Aktualität. Deswegen wurde das Programm kurzfristig umgestaltet, zu einer Veranstaltung mit Blick in die Vergangenheit, in die Gegenwart – und vielleicht auch in die Zukunft.

Am 13. April trafen sich gegen halb zwölf die Q+-Exkursionsteilnehmenden am Mainzer Hauptbahnhof, um mit den regionalen Verkehrsmitteln Richtung Fulda zu tingeln. Auf der Fahrt nach Frankfurt wurde sich miteinander bekannt gemacht und nach Zug- und Gleiswechsel stand die knapp anderthalbstündige Fahrt nach Fulda an, auf der sich nicht nur miteinander, sondern auch mit den bevorstehenden Exkursionsthemen auseinandergesetzt wurde. Nach kurzer Verwirrung am Fuldaer Bahnhof, da der lokale Experte Adam Will leider aufgrund einer Fußverletzung kurzfristig ausfiel, unterbrach ein nervöser Taxifahrer die kleine spontane Vorstellungsrunde. In zwei Großraumtaxen ging es dann von Fulda Richtung Schloss Geisa, unserer Unterkunft für die kommenden zwei Tage.

Beeindruckt vom Ambiente stellten die Teilnehmenden ihr Gepäck in den Zimmern ab, machten sich frisch und dann ging es auch schon weiter zum ersten offiziellen Programmpunkt: dem ehemaligen „Observation Post Alpha“ (kurz: „Point Alpha“) und dem „Haus auf der Grenze“. Dort erwartete uns Herr Jan Ludwig Antoni, der uns durch die Anlage führte und mit allgemeinen Fakten sowie Geschichten über Einzelschicksale das Leben an der Grenze auf beiden Seiten anschaulich darstellte. Die Führung ging durch das Museum, am ehemaligen Grenzzaun entlang inklusive Wachturm (der heute von einem bekannten Mobilfunkanbieter benutzt wird) zum alten amerikanischen Militärstützpunkt, dem „Observation Post Alpha“. In den letzten Zügen der Erklärungen von Herrn Antoni wurden wir von einem Anruf des Hotels unterbrochen – wo wir denn blieben, das Abendessen wäre schon seit einer halben Stunde fertig. So wurde die hochinteressante Besichtigung gegen Ende etwas abgekürzt und zu Fuß machte sich die Gruppe auf den Rückweg zum Hotel. Dort wurde dann direkt gespeist und man ließ anschließend den bereits sehr informativen ersten Tag dieser Exkursion bei einem oder drei Gläsern Wein im Gewölbekeller ausklingen.

Tag Zwei startete mit einem leckeren Frühstücksbuffet, wonach Herr Antoni, der uns auch an diesem Tag begleiten sollte, über die Vergangenheit der Ukraine und ihre, durch die Zeit unterschiedlichen, „Staatszugehörigkeiten“ referierte. Im Anschluss beschäftigten sich die Teilnehmenden in Zweiergruppen mit verschiedenen Einzelschicksalen von innerhalb der DDR zwangsumgesiedelten Familien und über die deutsch-deutsche Grenze Geflüchteten (besonders im Raum Geisa): Anhand von Zeitungsartikeln, Polizeiprotokollen sowie Video- und Audiodateien wurden die tragischen Schicksale rekonstruiert und von Herrn Antoni ergänzt.

Beim Mittagessen wurde trotz der Schwere der behandelten Themen ausgelassen geplaudert, bevor der nächste Programmpunkt begann: Der Studienleiter der „Point Alpha“-Stiftung Philipp Metzler hielt einen interessanten Vortrag mit dem Titel „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – Auswirkungen auf die Sicherheitsarchitektur in Europa heute“. Schon während des Vortrags wurden die verschiedensten Fragen und Perspektiven heiß diskutiert und man hätte wohl allein schon damit den Rest des Tages füllen können, doch es stand direkt der nächste Referent vor der Tür: Hauptmann Frederic Büchner von der Bundeswehr legte uns den aktuellen Konflikt aus Sicht des Militärs dar. Erfrischend ehrlich beantwortete er alles nach bestem Wissen und Gewissen und war, wie auch der Rest der Referenten, ebenfalls an den zum Teil auseinandergehenden Meinungen der Studierenden interessiert. Mit viel Input und in nachdenklicher, jedoch immer noch diskussionsfreudiger Stimmung gingen alle zum Abendessen.

Am Abend wurde die Aufmerksamkeit wieder ein Stück in die Vergangenheit gelenkt: Das Ehepaar Ilona Will und Franz Grapke gesellte sich zu der Exkursionsrunde, um uns von ihren Erfahrungen mit der innerdeutschen Grenze zu berichten. Während Ilona Will in Geisa in der DDR aufwuchs, konnte Franz Grapke, der als Kleinkind mit seiner Familie über die Grüne Grenze in den Westen floh, von seinem Leben in der BRD erzählen. Besonders Frau Wills eindrücklichen Schilderungen über die Unfreiheit des Denkens, die Angst und schließlich den erlösenden Tag des Mauerfalls hinterließen Eindruck bei den Studierenden. Die vielen Impressionen des Tages wurden hiernach erneut in geselliger Runde verarbeitet.

Der dritte Tag stand im Zeichen der Stadt Fulda: Am Morgen ging es nach dem Frühstück mit dem Taxi nach Fulda zurück und die Gruppe der Studierenden wurde von Katharina Schelp durch die Stadt und ihre Historie geführt. Vom Hauptbahnhof aus fuhren wir schließlich noch zum Schloss Fasanerie in Eichenzell – einer barocken Schlossanlage aus dem 18. Jahrhundert, durch die wir ebenfalls eine kleine Tour machten. Im Sonnenschein ging es anschließend zurück zur Bushaltestelle und wir traten schlussendlich wieder die Heimreise nach Mainz an, um drei spannende, abwechslungsreiche Tage reicher und mit vielen Erfahrungen im Gepäck.

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