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Intersektionale Perspektiven auf Gender, Race, Class

Montags | 16:15 - 17:45 Uhr | Hörsaal Kunsthochschule Mainz

Im Wintersemester 21/22 startete die Ringvorlesung mit einem Einblick in die wissenschaftlichen Arbeiten der Lehrenden unterschiedlicher Disziplinen an der JGU, die sich mit der Kategorie Gender auseinandersetzen. In diesem WiSe 22/23 werden weitere Perspektiven der Mainzer Geschlechterstudien beleuchtet und zur Diskussion gestellt. Wir möchten eine öffentliche Debatte anregen, Lehrende und Studierende vernetzen und die Sichtbarkeit des Themas erhöhen. Schwerpunkt wird diesmal das Spektrum von Genderdiskursen aus intersektionaler Perspektive und mithin ihre Verwobenheit mit Kategorien wie Class und Race sein.

Alle Interessierten sind herzlich willkommen!

Organisiert von Linda Hentschel, Friederike Nastold und Julia Reichenpfader in Kooperation mit TOYTOYTOY und dem Studienprogramm Q+.

31.10.2022 | Selina Hammer, Aaron Nora Kappenberger, Juliette Raether | FLINTA* und queere* Räume an der JGU?

Das autonome AlleFLINTA*Referat und autonome Queer*referat sind die studentischen Interessenvertretungen für Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binäre, Trans, Agender bzw. queere* Personen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Neben intersektional angelegten Bildungsveranstaltungen, bilden Community spaces  - safer spaces - wie die feministische Bibliothek, die queere* Empowerrunde, der Sektempfänge oder der Queer ins Wochenende einen wichtigen Schnittpunkt in unserer Arbeit. Gemeinsam möchten wir dazu einladen, safer spaces an der JGU zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen. Fühle ich mich an der JGU sicher? Was fehlt? Was wünschen wir uns von der JGU?

Juliette Raether (sie/ihr) studiert im M.Ed. an der JGU Mainz und ist seit 2022 Referentin des autonomen AlleFLINTA*Referats im AStA. Selina Hammer (alle/-) studiert Freie Bildende Kunst an der Kunsthochschule Mainz und ist seit 2021 Referent*in des autonomen AlleFLINTA*Referats im AStA. Selina ist Teil eines Arbeitskreises bei korientation e.V. und gibt Workshops zu künstlerischer Emanzipation im Queer*Feminismus. Aaron Nora Kappenberger (alle/-) studiert Freie Bildende Kunst an der Kunsthochschule Mainz und ist seit 2021 Referent*in des autonomen Queer*referats im AStA. Darüber hinaus ist Aaron Nora Vereinsmitglied bei ADS-Mainz e.V. als auch Gewerkschaftsmitglied der IG-Metall. 

07.11.2022 | Carmen Mörsch | Kunstvermittlung | Die Blume der Macht und die Körper

Von 2017 bis 2022 hat Carmen Mörsch gemeinsam mit anderen an der Entwicklung von diskriminierungskritischen Lehr-Lernmaterialien für die Aus- und Weiterbildung an der Schnittstelle Kunst/Bildung gearbeitet. Der Beitrag gibt einen Einblick in die Konzepte, die den Materialien unterliegen sowie in deren Anwendung. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich Unterschiede in den Umgangsweisen der Lernenden mit diesem Tool entlang der Achse Körper / somatische Norm (Puwar 2004) erkennen lassen.

Carmen Mörsch ist ausgebildet als Künstlerin, Kulturwissenschaftlerin und Kunstvermittlerin. Sie Professorin für Kunstdidaktik an der Kunsthochschule Mainz, Johannes Gutenberg Universität und Mitglied des internationalen Netzwerks Another Roadmap for Arts Education und des Kollektivs e-a-r, education and arts research. 

14.11.2022 | Talha Taşkınsoy | Islamwissenschaften | Der Islam & Die Geschlechterfrage

„Die gläubigen Männer und Frauen sind einer des anderen Freund/in.“ (Koran 9:71) Dieser Vortrag widmet sich theologischen, gesellschaftlichen, historischen und praktischen Aspekte einer Debatte, die nie an Aktualität verliert bzw. verlieren darf. Folgende Fragestellungen werden ergründet: Welche Frauen- und Männerbilder im Islam gibt es? Sprach Gott zu Frauen? Gab es Prophetinnen? Wie definiert Gott im Koran die Geschlechterrollen? Ist der Mann der Frau übergeordnet? Gab und gibt es weibliche Gelehrte? Wie kann, darf, soll muss unsere zwischenmenschliche Beziehung aussehen?

Talha Taşkınsoy ist islamischer Theologe, Pädagoge und Berater. Er ist tätig im Bereich der politischen Bildungsarbeit bei der Bildungsstätte Anne Frank für folgende Themen: Antisemitismus, Antimuslimischer Rassismus, Anti-Schwarzer Rassismus, Jüdisch-muslimischer Dialog bzw. Begegnungen. Ehrenamtlich ist er in Gemeinden aktiv als Imam und Referent für verschiedene Themen rund um den Islam.

21.11.2022 | Kristina Friedland | Pharmakologie | Geschlechterunterschiede in der Pharmakotherapie

Bis vor einigen Jahren standen Geschlechtsunterschiede bei der Pharmakotherapie nicht im Fokus der Forschung. Inzwischen wird sowohl bei der Erforschung der Pathophysiologie von Erkrankungen als auch bei der Entwicklung von Arzneimitteln dieser Bereich intensiv beforscht. Im Rahmen des Vortrages werden eigene Forschungsergebnisse präsentiert, aber auch Beispiele für Arzneistoffe vorgestellt bei denen Geschlechtsunterschiede die Pharmakokinetik oder Pharmakodynamik des Arzneistoffes verändern.

Kristina Friedland hat Pharmazie studiert und im Bereich Pharmakologie promoviert. Sie ist seit 2017 Professorin für Pharmakologie und Toxikologie am Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Wissenschaften. Sie beschäftigt sich mit der Pathophysiologie und neuen Therapieoptionen von psychiatrischen Erkrankungen wie z.B. Depressionen oder der Alzheimer Demenz.

28.11.2022 | Franziska Vaessen | Stabsstelle Gleichstellung und Diversität | Intersektionale Gleichstellungsarbeit? Herausforderungen und Möglichkeiten im Hochschulkontext

Ausgehend von der historischen Entwicklung von Diversitätspolitiken und den rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Gleichstellungsarbeit an Hochschulen zeigt der Beitrag auf, vor welchen Herausforderungen Gleichstellungsarbeit – insbesondere aus einer intersektional informierten Perspektive – aktuell steht und welche (neuen) Handlungsfelder identifiziert werden können. Dabei stellt sich u.a. die Frage, wie eine systematische Förderung von Nachwuchswissenschaftler:innen aussehen kann, die vielfältige Hintergründe und Erfahrungen beispielsweise in Hinblick auf Rassismen, Migrationsgeschichte, gesundheitliche Beeinträchtigung, soziale Herkunft, Sexualität etc. berücksichtigt. In diesem Kontext strebt die Stabstelle Gleichstellung und Diversität eine intersektionale Weiterentwicklung ihrer Karriereförderprogramme für Frauen an. Am Beispiel der JGU soll deshalb nachvollzogen und gemeinsam diskutiert werden, wie eine diversitätssensiblere Nachwuchsförderung aussehen kann, die Exklusionsmechanismen abbaut und Chancengerechtigkeit fördert.

Franziska Vaessen, M.A. Soziologie, ist seit April 2022 für die Stabsstelle Gleichstellung und Diversität der JGU Mainz als Koordinatorin im Teilprojekt „Fachbereichsspezifische Gleichstellungsmaßnahmen für den Fachbereich 05 Philosophie und Philologie“ des Professorinnenprogramms III tätig. Zuvor hat sie als Projektmitarbeiterin am Cornelia Goethe Centrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse der Goethe-Universität Frankfurt am Main insbesondere die Studiengangsentwicklung der Gender Studies-Studiengänge vorangetrieben.

05.12.2022 | Melanie Rach | Ada-Lovelace-Projekt | "Was ich will, das kann ich!“ – MINT-Förderung für Mädchen und junge Frauen

Der Vortrag gibt einen Überblick über die aktuellen arbeitsmarktpolitischen Zahlen und Bedarfe im MINT-Bereich als Grundlage für die Projektarbeit des Ada-Lovelace-Projekts: Das Projekt möchte Mädchen und junge Frauen für MINT begeistern und eine Karriere im MINT-Bereich unterstützen. Das Ada-Lovelace-Projekt bietet dabei verschiedene Angebote für Schülerinnen und Studentinnen an. Fernab von Leistungsdruck können sich die Mädchen und jungen Frauen ausprobieren und Interessen sowie Kompetenzen entwickeln und stärken. Mit Rolemodels und Praxiserfahrung sollen Vorurteile abgebaut und Selbstvertrauen gestärkt werden. Das Ada-Lovelace-Projekt antwortet damit auf den Fachkräftemangel im MINT-Sektor mit Chancengleichheit und Nachwuchsförderung.

Melanie Rach ist Soziologin und hat in Frankfurt am Main und Mainz studiert. Seit 2021 ist sie Projektleiterin beim Ada-Lovelace-Projekt am Standort der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

12.12.2022 | Dilar Dirik | Rassismusforschung | Radikale Gerechtigkeit - Kurdischer Frauenwiderstand gegen staatliche und patriarchale Gewalt

Autonomie und Selbstverteidigung sind wichtige Aspekte in der politischen Ideologie der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung. Aktivist*innen und Strukturen dieser transnational und basisdemokratisch organisierten Bewegung haben sich in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema Feminizid beschäftigt. Insbesondere im Zusammenhang mit politischen Morden an Frauen entwickelte die Bewegung kollektiv den Begriff „politischen Feminizid“, um die patriarchalischen Mentalitäten und Methoden hinter systematischen Angriffen auf Widerstand leistende Frauen zu beschreiben. Der Vortrag wird die Analysen und Initiativen der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung zur patriarchalischen Gewalt skizzieren. Dabei zielt der Vortrag darauf ab, diese Bestrebungen mit anderen transnationalen feministischen Gerechtigkeitsansätzen, die sich gegen den Staat, Faschismus und Kapitalismus richten, zu verbinden.

Dr. Dilar Dirik ist politische Soziologin an der Universität Oxford. Sie ist Autorin des englischsprachigen Buches „The Kurdish Women’s Movement: History, Theory, Practice“ (July 2022, PlutoPress), das auf ihrer Doktorarbeit an der Universität Cambridge zur kurdischen Frauenbewegung basiert. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt sie sich mit politischem Widerstand, Feminismen und revolutionären Frauenbewegungen, Staatenlosigkeit und nichtstaatlichen Autonomie- und Selbstbestimmungskämpfen. Sie ist in Offenbach am Main aufgewachsen und in der kurdischen Frauenbewegung in Europa aktiv.

19.12.2022 | Friederike Nastold | Kunsttheorie | Blick & Scham in queerulierender Videokunst

Buchpräsentation und Diskussion: Zwischen I see you und Eye Sea You ist eine Reflexion über postpornografische Visualitäts- und Affektdispositive. Im Zentrum steht die Videoinstallation Between the waves (2012) der indischen Künstler*in Tejal Shah und deren Referenzen in eine feministische (Performance-)Kunstgeschichte der 1970er Jahre. Ausgehend von Between the waves hinterfragt Nastolds Studie die historisch variierenden Grenzziehungen von Kunst und Pornografie, Betrachter*in, Blick und Affekt. Nastold führt daher Positionen aus der Kunst- und Pornografiegeschichte, Filmtheorie und Psychoanalyse, Phänomenologie und Affekttheorie punktuell zusammen und entwickelt daraus ein Wahrnehmungsgefüge queerer Schau- und Körperlust.

Friederike Nastold ist Künstlerin und Kunsttheoretikerin. Seit Oktober 2022 ist sie Vertretungsprofessorin für Ästhetische Bildung und Kunstvermittlung am Institut für Kunst an der PH Karlsruhe. Nastold gründete das Kollektiv TOYTOYTOY, das an der Schnittstelle von Kunst, Vermittlung und Theorie aus intersektionaler Perspektive operiert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Kunst- und kulturwissenschaftliche Geschlechterforschung, psychoanalytische Kulturtheorie, Phänomenologie, Affekttheorie, Queer Theory, Visual Culture Studies.

09.01.2023 | Parastou Forouhar | Kunst | Tschador - ACHTUNG: Dieser Vortrag entfällt!

Anhand ihrer fotografischen Arbeiten, in denen das Kleidungsstück des Tschador zum Thema gemacht wird, spricht Parastou Forouhar über Klischees und Zuschreibungen, mit denen sie immer wieder konfrontiert wird.

Parastou Forouhar wurde 1962 im Iran geboren und kam 1991 nach Deutschland. Sie ist eine international renommierte Künstlerin und leitet aktuell eine künstlerische Klasse an der Kunsthochschule Mainz. Forouhar engagiert sich gegen politische Repression und Gewalt und agiert als Mittlerin zwischen den Kulturen.

16.01.2023 | Yaliz Akbaba | Erziehungswissenschaften | Hochschullehre über Gender unter Bedingungen von Gender

Gelten gesellschaftliche Wirkmechanismen von Geschlecht auf der einen Seite als etabliertes Wissen, ruft andererseits ihre Thematisierung auch ablehnende Haltungen, Widerspruch und Protest hervor. In meinem Vortrag zoome ich in eine Seminarsituation an einer Hochschule und arbeite anti-genderistische und maskulinistische Wissensbestände aus den Argumentationslogiken von Studenten heraus. Die Analysen zeigen, wie geschlechterbezogene Ungleichheitsverhältnisse unter Bedingungen verhandelt werden, die selbst den Raum mit geschlechterbezogener Ungleichheit strukturieren. Am Ende ziehe ich aus den Analysen Lehren für die Professionalisierung machtkritischer Lehre unter Bedingungen von Machtverhältnissen.

Yalız Akbaba lehrt und forscht zu den Themen Pädagogische Professionalisierung in der Migrationsgesellschaft, Gender, Rassismus und Diskriminierungskritik in der Lehrer*innenbildung. 2019/2020 hat sie die Professur für Pädagogik der Sekundarstufe an der Philipps-Universität Marburg vertreten. Von ihr erscheint im Sommer 2022 der Sammelband Lehren und Lernen in Differenzverhältnissen – Interdisziplinäre und Intersektionale Betrachtungen, herausgegeben zusammen mit Tobias Buchner, Alisha Heinemann, Doris Pokitsch und Nadja Thoma. In einem Gespräch mit Johanna Knöppler vom Aktionsbündnis Feministischer Kampftag geht es ihr um den ungebrochenen Bedarf an intersektionellem Feminismus.

23.01.2023 | Tobias Boll | Soziologie | Sexualitäten und ihre Menschen. "Sexualität" als Differenzkategorie und Feld der Humandifferenzierung

In wenig anderen Wirklichkeitsbereichen herrscht eine Vielfalt und Umtriebigkeit beim Unterscheiden von Menschen in Kategorien wie bei der Sexualität. Menschen werden kulturell entlang zahlreicher Kriterien in sexualitätsbezogene ‚Schubladen‘ sortiert und sortieren sich auch selbst in ‚Sexualitäten‘. Sie gelten z. B., je nach eigenem und präferiertem Geschlecht, als (u. a.) hetero-, homo-, oder bisexuell, oder je nach anderen Vorlieben etwa als sapio-, procul-‚ oder aber asexuell. Neben solchen und weiteren sexuellen Spielarten werden aber häufig auch grundsätzlich geschlechts-, alters- oder milieuspezifische ‚Sexualitäten‘ oder sexuelle Vorlieben unterschieden. Der Vortrag versucht, etwas konzeptuelle Ordnung in diese Vielfalt und die hinter ihr stehende sexuelle Ordnungswut zu bringen. Es wird gefragt, wie sich sexuelle Kategorien herausbilden, wie ihre spezifische Logik in Bezug auf andere Unterscheidungen (z. B. die von Geschlechtern) ist und schließlich, wie die so entstandenen Sexualitäten zu ‚ihren Menschen‘ kommen (und umgekehrt). „Sexualität“ wird dafür einerseits als Differenzkategorie und andererseits als ein Feld der „Humandifferenzierung“ betrachtet, in dem sich Kategorisierungen von Menschen nach Sexualität mit ihren anderen sozialen Zugehörigkeiten intersektional kreuzen.

Dr. Tobias Boll ist Soziologe am Arbeitsbereich für soziologische Theorie und Gender Studies des Instituts für Soziologie an der JGU Mainz. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Praktiken der sexualitätsbezogenen Kategorisierung von Menschen. Hierzu leitet er aktuell ein Forschungsprojekt zum Zusammenhang von Sexualität und Behinderung im Rahmen des Mainzer Sonderforschungsbereichs "Humandifferenzierung". Seine Forschungsschwerpunkte sind die Soziologien des Körpers, der Sexualität und des Wissens und qualitative Forschungsmethoden. Zuletzt erschien seine Monografie "Autopornografie. Eine Autoethnografie mediatisierter Körper" (De Gruyter 2019).

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