Luftverschmutzung und vorzeitige Todesfälle

05.07.2021 | 9:00 - 13:00 Uhr | MPI für Chemie

Leitung: Prof. Dr. Jos Lelieveld; Dr. Thomas Berkemeier; Dr. Klaus Klingmüller

Teilnahmevoraussetzungen: Interesse an naturwissenschaftlichen Problemen mit unmittelbarer gesellschaftlicher Relevanz. Einleitende Kapitel der angegebenen Literatur sind dringend empfohlen:

Cardiovascular disease burden from ambient air pollution in Europe reassessed using novel hazard ratio functions. https://academic.oup.com/eurheartj/article/40/20/1590/5372326

Global estimates of mortality associated with long-term exposure to outdoor fine particulate matter.https://www.pnas.org/content/115/38/9592

Chemists can help to solve the air-pollution health Crisis. https://www.nature.com/articles/d41586-017-05906-9

Aerosol Health Effects from Molecular to Global Scales. https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.7b04417

Estimates and 25-year trends of the global burden of disease attributable to ambient air pollution: an analysis of data from the Global Burden of Diseases Study 2015. https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(17)30505-6/fulltext

The contribution of outdoor air pollution sources to premature mortality on a global scale. https://www.nature.com/articles/nature15371

Anforderungen: sehr aktive Diskussionsbereitschaft, Bereitschaft zu einer Kurzpräsentation.

Inhalt: Feinstaub ist ein gesundheitliches Risiko – darin sind sich Mediziner_innen, Toxikolog_innen und Umweltwissenschaftler_innen einig. Doch kann man das Gesundheitsrisiko schlechter Luft in Zahlen fassen? Laut Berechnungen des Max-Planck-Instituts für Chemie sterben allein in Europa jährlich knapp 800.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung. Durchschnittlich verkürzt sie unser Leben um rund zwei Jahre. Für die Berechnungen nutzen die Wissenschaftler_innen Atmosphärenchemiemodelle. Diese verknüpfen sie mit epidemiologischen Daten und Informationen über physiologisch-chemische Prozesse von Luftverschmutzung.

Dieser Q+Baustein beleuchtet das Thema „Simulationen" bzw. Modellberechnungen aus den Bereichen Erdsystemforschung, Chemie, Epidemiologie und Gesundheit. Zentrale Fragen werden sein:

• Wie entsteht Feinstaub und wie wirkt er auf unsere Gesundheit?

• Was ist der Zusammenhang zwischen Feinstaub und Mortalität und wie berechnet man die Anzahl vorzeitiger Todesfälle?

• Warum nutzt man Atmosphärenchemiemodelle und chemische Transportmodelle und wie funktionieren?

• Welche Unsicherheitsfaktoren, Grenzen und künftige Entwicklungen gibt es?

• Welche Schlussfolgerungen und Forderungen an die Politik erlauben die berechneten Zahlen?

Der Baustein ist wie folgt aufgebaut:

A. Seminar: Luftverschmutzung und Todesfälle, Jos Lelieveld

B. Zweigeteilter Workshop:

Part 1: Klaus Klingmüller

• Funktionsweise von Atmosphärenchemiemodellen und chemische Transportmodellen

• Simulation der Feinstaubbelastung mit einem Atmosphärenchemiemodell, dazu Simulation von Feinstaub im Detail: Von den Emissionen über atmosphärische Prozesse zur PM2.5-Konzentration

Part 2: Thomas Berkemeier

• Lebenserwartung + Todesfälle: Kurzeinführung der epidemiologischen Grundlagen am Bespiel des Global Burden of Disease.

• Ergebnisse/Datenlage zu Gesundheitseffekten von Luftverschmutzung in Deutschland und weltweit (mit Vorstellung eines Webtools für eigene Recherchen).

• Kausale Verbindung zwischen den unabhängig erhobenen epidemiologischen Daten und dem Wissen über die physiologische Chemie von Luftverschmutzung.

• Forschung des MPIC zur Aufschlüsselung der Redoxchemie in unserer Lunge.

C. Gemeinsame Diskussion

Lernziele: Kenntnis der

• Ursachen von Luftverschmutzung

• Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Gesundheit (in Zahlen und physiologisch)

• zugrundeliegenden Daten und Modelle (epidemiologische Modelle und Atmosphärenchemiemodelle)

• Kritische Reflexion von Luftverschmutzung

Lehrende:

Prof. Dr. Jos Lelieveld ist Atmosphärenchemiker und seit 2000 Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie. Seine Forschungsschwerpunkte sind der Selbstreinigungsmechanismus der Atmosphäre, die Rolle reaktiver Gase und Aerosole in biogeochemischen Kreisläufen sowie Luftqualität, Klimawandel und Planetary Health.

https://www.mpic.de/3783327/profile-jos-lelieveld

Dr. Thomas Berkemeier ist Teamleiter am Max-Planck-Institut für Chemie. Als Physikalischer Chemiker beschäftigt er sich mit der Geschwindigkeit von chemischen Reaktionsprozessen auf Feinstäuben und mit ihrem Einfluss auf die menschliche Gesundheit.

https://www.mpic.de/4520256/thomas-berkemeier.html

Dr. Klaus Klingmüller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung fuer Atmosphaerenchemie des Max-Planck-Instituts fuer Chemie. Mit gekoppelten Atmosphaerenchemie- und Klimasimulationen untersucht er atmosphaerische Aerosole und ihre Auswirkungen auf das Klima und die menschliche Gesundheit. Er hat in Heidelberg Physik studiert und am Institut für theoretische Physik promoviert.

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