Ein Bericht von Bericht von Ylfa Günther, 5. Semester Katholische Theologie, M.A. / 3.Semester Erziehungswissenschaft, B.Sc.
Am 04.11.2019 öffnete die Teilchenphysik der Uni Mainz ihre Türen für Student*innen sehr unterschiedlicher Fachbereiche. Im Rahmen des Studierendenprogramms Q+ führten die Physiker*innen Saskia Plura und Konrad Kleineidam eine Gruppe von 16 Studierenden durch den Tag. Das Besondere: Keiner der Student*innen brachte universitäres Vorwissen im Bereich der Kernphysik mit und dennoch bestaunten am Nachmittag alle Teilnehmer*innen das Mainzer Mikrotron (MAMI) mehr oder weniger begreifend, was sich im Inneren dieser beeindruckenden Geräte abspielt.
Warum das Neutrino-Teilchen lieber ein Geist wäre und andere spannende Fragen
Der Tag begann im Foyer der Teilchenphysik. Schnell war klar, dass die wenigsten Studierenden Physik im Abitur hatten, sondern stattdessen vielmehr einige Geisteswissenschaften vertreten waren. Dennoch zeigte sich innerhalb der Gruppe großes Interesse an der Physik. Auch Dr. Jürgen Ahrens vom Institut für Kernphysik war beeindruckt, von den vielseitigen und anregenden Fragen, die in der ersten Theorieeinheit, die er den Studierenden gab, gestellt wurden. Herr Ahrens erklärte sehr anschaulich den Aufbau von MAMI und schaffte es, komplizierte Prozesse und detailreiche Zusammenhänge auch uns Nicht-Physiker*innen nahe zu bringen. Ausgestattet mit Wissen über Elektron, Photon, Neutrino, dem „Geisterteilchen“ und Quarks, begann die spannende Reise durch MAMI.
Riesiger Aufwand für winzige Teilchen
Wer war schon einmal unter dem Campus und hat die unfassbar großen Geräte gesehen, die unterirdisch riesige Datenmengen produzieren und Wissenschaftler*innen aus alle Welt anziehen? Das Mainzer Mikrotron, das 1979 erstmals in Betrieb genommen und im Jahr 2006 fertiggestellt wurde, hebt sich durch seine exakte Datenerhebung und die Genauigkeit der Experimente von anderen Beschleunigern ab. Seitdem erstreckt sich der Teilchenbeschleuniger über mehrere große Hallen, in denen das Herzstück der Mainzer Kernphysik auf interessierte Bewunderer*innen wartet. In den vielen Experimenten von MAMI wird ein Elektronenstrahl von weniger als 0.1 mm Durchmesser auf Energien bis zu 1.5 GeV beschleunigt und für viele unterschiedliche Experimente genutzt. Auch uns haben besonders die gigantischen Geräte und aufwendigen Experimentaufbauten sehr beeindruckt und viele „Ahs“ und „Ohs“ entlockt. Unsere Gruppenführer*innen Saskia Plura und Konrad Kleineidam nahmen sich viel Zeit, auf alle Fragen einzugehen, die angesichts der komplizierten Konstruktionen aufkamen. Wie in einem Kletterpark ging es über hohe Brücken und unter sehr niedrigen Absperrungen durch die Hallen. Ein Experiment schien das nächste an Komplexität und Faszination überbieten zu wollen. So führte unser Weg unter anderem vorbei an Kristallen, die mit Elektronen beschossen werden, sowie an Magneten, die von Halle zu Halle größer und imposanter wurden. Unsere Q+ Gruppe erhielt zu jedem der Experimente eine spannende Einführung von Herrn Ahrens und seinem Assistenten, die außerdem Einblicke in die vielseitige Arbeit an MAMI gab. Höhepunkt der Führung durch den Mainzer Beschleuniger waren im wahrsten Sinne des Wortes die drei circa 15 Meter hohen Spektrometer.
Von einer Empore aus hatten wir einen super Aus- und Überblick auf die zahlreichen Rohre und Kabel, die in das Streuexperiment münden. Die Vorstellung, dass durch diese riesen großen Instrumente, Magnete und Leitungen bei Betrieb winzig kleine Teilchen, die mit dem Auge nicht erfassbar sind, geleitet werden, lässt auch im Rückblick MAMI noch beeindruckender erscheinen. Ein riesen Aufwand für winzige Teilchen, den Wissenschaftler*innen seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft betreiben und weiter perfektionieren, steckt hinter „unserem“ Mainzer Mikrotron. Diese Erkenntnis lässt nicht nur Physiker*innen staunen!
„Jetzt seid ihr mal Physiker*innen…!“ und Abschlussrunde
Gut gestärkt durch ein gemeinsames Mittagessen versammelte sich die Q+ Gruppe ein letztes Mal an diesem Tag, um nun selber mit Hilfe eines Computerprogramms Daten des ATLAS Experiments am Large Hadron Collider (LHC) am CERN auszuwerten. Die erforderte Präzession beim Ablesen der Daten stellte anfangs einige von uns vor ungeahnte Herausforderungen. Doch schnell hatten alle den Dreh raus und lösten angeregt und mit Routine die gestellten Aufgaben.
Dieser praktische Teil und ein tieferer Einblick in die Arbeit von Wissenschaftler*innen anhand der Bachelorarbeit von Saskia Plura und einem spannenden Bericht aus dem CERN von Konrad Kleineidam, rundeten den Tag am MAMI gekonnt ab. Ein Fazit, dass aus den Beiträgen der Abschlussrunde gezogen werden kann, könnte lauten: Ein Besuch im Mainzer Mikrotron lohnt sich sehr! Egal, ob Physiker*in, Studierende der Geisteswissenschaften, oder Buchwissenschaftler*in, die vielen Eindrücke vom Teilchenbeschleuniger bleiben und die Begeisterung unserer MAMI-Führer*innen ist übergesprungen! Zumindest für meinen Teil kann ich sagen: Als Studentin einer anderen Disziplin nehme ich aus diesem Tag mit, dass es bereichernd und lohnenswert ist, sich in „fremde Gewässer“ zu wagen und den eigenen Blick auch auf andere Fachrichtungen zu lenken, denn nur so bekommt man die Chance, die Neugier auf Neues zu stillen und zugleich zu erweitern. Auch wenn ich nicht als „Berufsphysiker*in“ aus MAMI herausgegangen bin, so doch mit einer großen Bandbreite an Impulsen und Eindrücken, die alte Physikkenntnisse, aber vor allem die Freude an der Entdeckung von Neuem geweckt und gefördert haben. Am Ende bleibt nur noch ein großes Dankeschön an alle, die mit so viel Engagement diesen großartigen Tag für die Q+ Gruppe ermöglicht haben!