Q+Seminar „Ästhetik der Gewalt“ mit Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hans Ulrich Gumbrecht von der Stanford University/USA

Bericht von Max Dreysse (Amerikanistik) und Katharina Schelp (Deutsch/Philosophie)

Ob beim Unfall auf der A3, im Kino, beim Videospiel oder auch in der Sportarena: Evidenz für von Gewalt ausgehender Faszination lässt sich in den unterschiedlichsten Bereichen menschlichen Lebens finden. Professor Gumbrecht von der Stanford University hat nun in seinem Seminar mit dem Titel „Ästhetik der Gewalt“ eben jene Faszination in Zusammenarbeit mit zehn Q+ Studierenden intensiv unter die Lupe genommen. Durch die interdisziplinäre Gruppenkonstellation, unter den Studierenden waren die Bereiche der Anglistik, der Amerikanistik, der Germanistik, der Mathematik, der Musik, der Physik, der Publizistik, der Soziologie, der Sport- und der Wirtschaftswissenschaften vertreten, kam es so zu einem Gesprächsklima, dessen Produktivität sogar den international hochdekorierten US-Wissenschaftler zu überraschen wusste.

Einige Tage zuvor hatte der Literaturwissenschaftler Dr. Timothy Attanucci die Veranstaltung in einem diskussionsreichen, mehrstündigen Seminar vorbereitet. Die dabei verwendete Literatur, die Professor Gumbrecht vorgab, sollte dabei als Einführung in die essentiellen Begrifflichkeiten und Konzepte seiner Arbeit dienen:
Hans Ulrich Gumbrecht: „Diesseits der Hermeneutik. Über die Produktion von Präsenz“; Hans Ulrich Gumbrecht: „Nach 1945. Latenz als Ursprung der Gegenwart“; Heinrich Kleist: Michael Kohlhaas; Heinrich Kleist: Das Erdbeben von Chili; Heinrich Kleist: das Bettelweib von Locarno; GOYA: Los Desastres.

Hans Ulrich Gumbrecht thematisierte dann vor dem Hintergrund seiner Begriffe der “Präsenz” und “Latenz” diverse Grundsatzfragen: Was ist überhaupt Gewalt? Was ist Ästhetik? Was ist ein ästhetischer Moment, was ein gewaltvoller, grausamer, verzweifelter? Und (wie) „passen“ diese Begriffe zusammen? Diese und ähnliche Fragen, die sich auf den ersten Blick scheinbar einfach beantworten lassen, stellten sich schnell als äußerst fruchtbare Ausgangspunkte für reiche, oft auch energisch geführte Diskussionen heraus. Herr Gumbrechts freudige Bereitschaft, den Studierenden auf Augenhöhe zu begegnen, ist hierbei sicherlich von essenzieller Bedeutung gewesen: Selbst die Zigarettenpausen wurden zur „pausenlosen“ Weiterführung der laufenden Diskussionen genutzt. So gestaltete sich der Nachmittag als eine intensive und arbeitsreiche Mischung aus hoch anspruchsvoller Vorlesung und lebhafter Diskussion.

Am Ende dieses Q+Seminars bleiben, erwartungsgemäß, viele Fragen übrig – Wahrscheinlich hätte man noch einige Stunden weiter diskutieren können. Dennoch wurden auch zahlreiche Antworten gefunden, Antworten die in manchen Fällen nur durch das besonders breite Wissensspektrum dieser fachlich wie persönlich bunt gemischten Gruppe möglich wurden. Professor Gumbrecht verhalf uns so zu einem umfassenden, vertiefenden Überblick über dieses facettenreiche, anspruchsvolle und hochspannende Thema.

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